Nordirland: Christlicher Schwerpunkt beim Religionsunterricht ist rechtswidrig

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Alte Kirche in Nordirland
Alte Kirche in Nordirland

Der Oberste Gerichtshof von Großbritannien hat entschieden: Der Religionsunterricht in Nordirland verstößt gegen die Menschenrechte. Ein Vater hatte mit seiner 11-jährigen Tochter geklagt. Die Familie befürworte religiöse Bildung – solange sie nicht in Indoktrination ende. Das Urteil versetzte Humanisten in Freude, andere sehen darin das Ende der Religionsfreiheit.

Die Eltern wollten nicht, dass ihrer Tochter das Christentum als "absolute Wahrheit" (z. B. "Gott hat die Welt erschaffen") präsentiert wird. Sie klagten gegen die staatliche Grundschule in Belfast. Der Supreme Court urteilte: Der Religionsunterricht verstößt gegen die Menschenrechte. Der Schwerpunkt des Unterrichts liegt in Nordirland traditionsgemäß auf dem Christentum. Rechtswidrig, fand der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs.

Richter bekräftigt Urteil von 2022

Bereits 2022 hatte das Supreme Court den christlich ausgerichteten Religionsunterricht an Grundschulen in Nordirland, wo die Zahl der Religionsfreien stetig steigt, für unrechtmäßig erklärt. Das Bildungsministerium ging aber in Berufung und das Urteil wurde aufgehoben. Das Berufungsgericht habe die Prinzipien der Europäischen Menschenrechtskonvention falsch angewendet, urteilte nun Richter Ben Stephens.

Konkret bekräftigte Stephens das erste Urteil des Supreme Courts: Der Religionsunterricht werde nicht "objektiv, kritisch und pluralistisch" vermittelt. Das verstoße gegen die Menschenrechte. Die atheistischen Eltern befürworteten grundsätzlich Religionsunterricht, sagte der Richter. Sie missbilligten nur die Form, die den Charakter von Indoktrination habe.

Religionsunterricht mit obligatorischem Gottesdienst

Das Mädchen hatte zwischen 2017 und 2022 den Religionsunterricht und den verpflichtenden gemeinschaftlichen Gottesdienst an der Grundschule besucht. Ein Rückzug des inzwischen 11-jährigen Mädchens aus der Religionsstunde und dem Gottesdienst hätte zu einer "Stigmatisierung" geführt, hieß es aus dem Gericht. Sie wäre die einzige Schülerin ihrer Klasse gewesen, die nicht teilnimmt.

Diese Faktoren führten das Gericht zu dem Schluss, dass das Recht auf Abmeldung eine "unzumutbare Belastung" für das Kind darstellte. "Das Urteil stellt klar, dass der Staat sich nicht auf Abmeldemöglichkeiten berufen kann, um religiöse Unterweisung zu rechtfertigen", sagte der Rechtsanwalt Darragh Mackin, der Vater und Tochter vertritt.

Reaktionen aus der irischen Gesellschaft

Reaktionen aus Kirche und Politik ließen nicht lange auf sich warten: Der Belfaster Grünen-Politiker Anthony Flynn gratulierte der Familie: "Kein Kind an einer öffentlich finanzierten Schule sollte in eine religiöse Weltanschauung gedrängt werden". Der Religionsunterricht müsse "ausgewogen, inklusiv und zeitgemäß" sein, sagte Flynn. Humanists UK feierte das Urteil als "historischen Sieg für Kinderrechte". "Nein, dieses Urteil ist keine 'säkulare Indoktrination' – es geht um Menschenrechte", schreibt Andrew Copson von den Humanists UK.

Urteil gegen die Christenheit oder für Menschenrechte?

Die konservative Politikerin Carla Lockhart, Abgeordnete der Democratic Unionist Party (DUP), nannte das Urteil hingegen "zutiefst enttäuschend" und "sehr besorgniserregend". Bischof Donal McKeown gab zu, dass Nordirland sich gewandelt habe und es "Zeit für eine Überarbeitung" des Curriculums sei. Zeitgleich warnte er davor, den Religionsunterricht gänzlich abzuschaffen. Die Angst, dass das Christentum bald aus "unseren" Schulen verbannt wird, treibt auch eine Autorin des Tabula-Rasa-Magazins um. "Sind wir bald Zeugen eines unerbittlichen Kampfes gegen den christlichen Glauben in unseren Klassenzimmern?", fragt die Autorin. Dass es um die Wahrung der Menschenrechte geht, wird dabei nicht erwähnt.

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